Experimentell, Verwirrend, Kreativ…Animation Avantgarde

Das Vienna Independent Shorts Festival ist quasi vorbei, und doch bleiben gewisse Eindrücke bestehen:

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Vor allem möchte ich euch noch den ersten Teil der “Animation Avantgarde” Näher bringen, den ich zwar schon am 24.05. gesehen habe, bis jetzt allerdings nichts von seinem Glanz verloren hat.

Insgesamt wurden 13 Kurzfilme gezeigt, die sich mit dem Thema “Alltägliches, Randerscheinungen und anfänglich unscheinbare Situationen” verbinden lassen. Tatsächlich muss man in den meisten der 13 Filme genauer hinsehen, um eine tieferen Bedeutungen ausmachen zu können, und zugegeben – am Ende ist es mir nicht bei allen gelungen (vielleicht ist/war das aber auch gar nicht nötig).

Besonders Interessant fand ich unter anderem den Film “Tentative D’Épuisement D’Un Lieu Parisien” von Yann Chapotel. Dieser zeigt 5 Minuten lang, wie sich ein und derselbe Platz über die Jahre verändert, welche Auswirkungen die Jahreszeiten auf ihn haben und wie die Menschen mit ihm agieren. Die Übergänge sind dabei kreativ und fließend, sodass man das ein oder andrer Mal tatsächlich ins Staunen kommt.

Auch der Film “Los Andes” von Joaquin Cocina und Cristobal León hat meiner Meinung nach etwas ganz Besonderes. Eigentlich ist Los Andes zwar ein Teil einer 4-teiligen Arbeit mit dem zusammenfassenden Namen “The Third World”, was allerdings keinesfalls beim Anschauen diesen Teiles stört. Während der ganzen 4 Minuten befindet man sich in einem kleinen, scheinbar verlassenen Raum, der allerdings bald von einer Art Geist heimgesucht wird. Dieser erzählt mit unheimlicher Stimme etwas, das wie eine alte Sage anmutet. Währenddessen wachsen weiße Fäden wie aus dem Nichts, wuchern zu Gesichtern, Symbolen oder ganzen Naturphänomenen, um die Geschichte noch zu untermalen. Bilder, Ton und Stimme schaffen dabei zusammen eine unheimliche Stimmung, die auch jetzt noch andauert, wenn ich an den Film zurückdenke, mir aber gleichzeitig auch ein Lächeln auf mein Gesicht zaubert, denn der Kurzfilm hat somit wohl eindeutig sein beabsichtigtes Ziel erreicht.

Amüsant fand ich vor allem auch den 1-minütigen Kurzfilm “Recently In The Woods” von Daniel van Westen. Erzählt wird dabei eine herrlich animierte Geschichte über ein Einhorn welches von 2 Pferden ausgegrenzt und verspottet wird. Tatsächlich passt hier der Satz “wer zuletzt lacht, lacht am besten” wie die Faust aufs Auge. Allerdings versteckt sich für mich auch noch die Nachricht, dass Rache an sich oft nicht der Beste und Richtige Weg ist, denn das Schicksal geht seinen eigenen Weg – und dabei wird alles gesehen und nichts vergessen, und am Ende…Tja, da wird abgerechnet. Tatsächlich war es eines der Witzigsten Kurzfilme, die ich auf dem Festival bestaunen durfte, und für eine Minute ebenfalls erstaunlich aussagekräftig.

Tatsächlich mutet die Sparte Animation Avantgarde erfrischend experimentell an und kann wohl jeden Zuschauer auf die ein oder andere Art überraschen – und genau das war es wohl, was doch einige am Wochenende um 17:00 Uhr in den Kinosaal getrieben hat. Dazu bleibt nur noch eines zu sagen: Weiter so.

Österreichs Zeitgefühl!

…Und auch meine Eindrücke zum Filmblock Österreich Wettbewerb 2, der am Sonntag, dem 25.05., stattgefunden hat, möchte ich euch letztendlich auf keinen Fall vorenthalten.

Noch immer angespannt vom ersten Österreich Wettbewerb setze ich mich mit großer Vorfreude in den, zu meinem Erschrecken ziemlich leeren, Kinosaal. Diesmal dreht sich alles um das Thema “Zeitgefühl”, wobei insgesamt 5 Kurzfilme gezeigt werden, die in ihren Geschichten wohl nicht unterschiedlicher sein könnten, bei genauerem hinsehen dieses Überthema aber tatsächlich gemein haben.

Neben einem 8 Minuten langen Lied, in dem ein Frauenchor über Avantgarde und Kunst singt, und einem 7 Minuten dauernden Film in welchem man die “Kirche der Dreifaltigkeit” in Wien von Nah und Fern und tatsächlich aus jedem Blickwinkel zu sehen bekommt, sieht man schließlich schwangere Frauen bei der Entbindung. Das Besondere daran: kein Ton ist zu hören, wodurch Schmerz, Angst und Freude eine ganz neue Bedeutung bekommen und selbst zu interpretieren sind.

Besonders gut gefallen hat mir aber der Kurzfilm “Der Sender schläft” von Christoph Schwarz. Besonders für uns Publizistikstudenten mag er ein kleines “Schmankerl” sein, denn man kann den Künstler Christoph Schwarz dabei beobachten, wie er zum Küniglberg fährt, um für den ORF III ein Kunstprojekt zu realisieren. Welches Projekt es genau werden soll ist allerdings nicht so ganz klar, und so beginnt eine Reise durch den ORF, bei dem man auf bekannte Gesichter stößt und einige Gerüchte bestätigt oder verworfen werden. Der Protagonist ist dabei eigentlich die einzige Stimme, die man immer wieder ironisch und humorvoll naiv über den ORF philosophieren und sprechen hört und macht diese einzigartige Mockumentary zu einem humorvollen, viel zu kurzem Erlebnis.

Der letzte Film der Kategorie hieß schließlich ” Noema”, bei dem sich alles um die, mittlerweile 93-jährige, Künstlerin “Tatjana Gamerith” dreht. Unermüdlich zeichnet sie auch jetzt noch, obwohl sie langsam immer mehr ihres Augenlichts verliert. Für eine Künstlerin wie sie eigentlich eine Katastrophe, und doch ist Tatjana von der zähen Sorte: ihr Inneres treibt sie dazu einfach weiter zu zeichnen. Das Unglaubliche dabei ist, dass Tatjana in diesem Film ihre privatesten Gedanken offenbart. Manches davon so bekannt, dass es die eigenen Gedanken sein könnten und wiederum anderes so fremd, sodass man das Gefühl hat diese bewundernswerte und gutherzige Frau während des Filmes immer besser kennen zu lernen – vielleicht sogar besser als manche Freunde. Die Kamera konzentriert sich, wie Tatjanas ganzes Sehen, nur auf Schemen. Manchmal scharf, dann wieder unscharf sieht man nur Ausschnitte eines viel größeren Ganzen und legt somit die visuellen Maßstäbe, genauso wie die Worte die gesprochen werden, auf das Nahe, Unscheinbare und Persönliche.

Für mich tatsächlich großes Kino, und einmal mehr war ich froh, diese insgesamt 75 Minuten, im Saal des Stadtkinos verbracht zu haben.

kurze Filme – große Bedeutung

Die Zeit vergeht, ein Kurzfilm folgt dem Nächsten. In den letzten Tagen habe ich vieles gesehen. Fast kommt es mir vor als wäre ich in der Welt herumgereist, hätte neue Menschen kennen gelernt, andere Blickwinkel gesehen, einen Blick auf andere Lebensweisen geworfen etc. Und immer wenn ich den Saal des Stadtkinos wieder verlasse, komme ich mir seltsam desillusioniert vor.

Aber ich glaube jeder kennt so etwas – es gibt Filme die kommen und gehen. Du weißt das du sie gesehen hast, bist dir aber über Handlung, Aufbau etc. nicht mehr sicher. Und dann gibt es Filme die lassen dich nicht mehr los. Sie klammern sich mit all ihrer Bedeutung an dich und irgendwie kommst du nicht umhin über die gesehenen Bilder, die gehörten Worte und den gedachten Sinn nachzudenken.

Genau von der zweiten Sorte habe ich in den letzten Tagen einige gesehen. Vielleicht sogar noch mehr als mir eigentlich bewusst war… Aber eins nach dem anderen. Ich will mich in diesem Eintrag zuerst dem ersten Teil “Österreich Wettbewerb” mit dem Hauptthema “Auflösungserscheinungen” widmen.

Hier stachen mir vor allem zwei der insgesamt 5 österreichischen Kurzfilme wortwörtlich ins Auge. Der eine hieß “Erlösung” und hatte drei Jugendliche als Protagonisten, deren Welt sich nur um Alkohol, Drogen und Selbstmordvideos drehte. Immer wieder wird das Thema Tod aufgegriffen und nimmt eine beklemmende Rolle in den ganzen 27 Minuten ein, bis es zu einem, wohl unvermeidlichen Ende kommt, dass man zwar schon erwartet hat, deshalb aber nichts von seinem Schrecken verliert.

Noch genauer will ich allerdings auf den Film, mit dem Namen “Rote Flecken” eingehen. Er spielt an einem verschneiten Wintertag: zwei Brüder schlendern durch den Wald – zuerst scheint alles ganz normal, bis man das Jagdgewehr in der Hand des älteren Kindes aufblitzen sieht. Die Absurdität des Bildes steht in starkem Kontrast zu den kindlichen geführten Dialogen, und lässt so eine gewisse, noch nicht ganz greifbare Spannung aufkommen. Die Kinder wollen verbotenerweise schießen üben, doch nach den ersten Schüssen der beiden ist nicht sicher was getroffen wurde, denn es können nur ein paar Blutflecken ausgemacht werden.

Nach kurzer Zeit ändert sich das zwar angespannte, aber doch ruhige, Bild schlagartig. Ein Rascheln ist zu hören: Die anfängliche Angst der Kinder, schlägt schlagartig in erschrockene Abscheu um, denn das zuvor angeschossene Tier entpuppt sich als Hund eines Bekannten – vermutlich dem Nachbarn. Der blutverschmierte Hund jault und sinkt vor den Kindern erschöpft auf den kalten Boden. Die Hilflosigkeit der Brüder ist jetzt deutlich zu spüren – sie werfen sich hysterische Schreie zu. Was sollte man in so einer Situation tun? Hilfe holen, obwohl man sich bereits in einer verbotenen Situation befindet? Den Hund töten? Der Ältere richtet in seiner Verzweiflung das Gewehr auf das Tier. Es hätte doch sowieso keinen Sinn mehr, den Hund könne man nicht mehr retten. Doch nach scheinbar endlosen Sekunden lässt er sie wieder sinken. Der Mut hat ihn verlassen. Er reicht dem jüngeren Bruder die Waffe – immerhin will dieser ja ein richtiger Mann sein und solle es jetzt beweisen. Verängstigt versucht er es, doch gibt, auch nach mehrmaligem Drängen des Älteren, nach. Wie sollten auch Kinder eine vernünftige Entscheidung über Leben und Sterben treffen? In ihrem Stress geraten die Brüder aneinander, spielen dabei die jeweiligen Schwachstellen des anderen aus und drängen sich gegenseitig in eine psychische Ecke.

In seiner Wut bekommt der Ältere dabei einen Stein zu fassen und schlägt zu, ohne sich dabei bewusst zu sein, den Hund zu treffen. Ein noch lauteres, schmerzverzerrtes Heulen des Tieres hallt durch den Wald. Jetzt holt der Junge immer wieder mit dem Stein aus, doch der Lebenswille des Hundes scheint stark zu sein, oder umgekehrt der Wille des Kindes den Hund zu töten zu schwach. Erst als der jüngere Bruder aus Verzweiflung schließlich erneut die Waffe hebt und den Hund endlich erschießt, ist es im Wald wieder so lautlos wie zuvor. Doch der Anblick des Hundes lässt die Tat der Jungen nicht vergessen. Schließlich unterbricht die Stimme des Vaters der Kinder die Stille. Anscheinend hat er den letzten Schuss gehört. Die Kinder verstecken sich, wodurch der Vater den toten Hund alleine vorfindet. Angewidert nimmt er ihn mit und bringt ihn zurück zu seinem Besitzer, schreit aber noch ein paar Mahnungen an die Täter in den scheinbar endlosen Wald.

Als die Kinder schließlich wieder alleine sind, ist von ihrer Tat nur noch ein großer roter, scheinbar vergessener, Blutfleck am Waldboden zu sehen. Vor allem der ältere Bruder ist erleichtert, denn so wird niemand je von ihrer Tat erfahren. Der Jüngere hingegen ist tief in Gedanken. Sein Blick ist dunkel, seine Schultern mit Schuld beladen. Bevor der Vorhang fällt und damit der Abspann zu sehen ist hört man noch einen letzten Schuss die Stille durchdringen, und schließlich in der Dunkelheit den jüngeren der Brüder noch einen Satz schreien: “Wir sind hier!”

Gänsehaut läuft mir während dieser Schlussszene über den Rücken und am Ende stellen sich mir folgende Fragen: Ist es schwerer mit der Wahrheit zu leben oder die Lüge mit ins Grab zu nehmen? Spielt das (schlechte) Gewissen im Leben eine primäre Rolle? Wir einem seine Schuld jemals vergessen? Und kann man seine eigene Schuld jemals vergessen? …Vermutlich muss das jeder für sich selbst entscheiden – jeden Tag. Vieleicht nicht immer ganz so dramatisch wie in diesem Kurzfilm, jedoch ist das Schema genauso wie bei den beiden Brüdern, die sich in diesem Moment jeweils für sich entschieden haben welchen Weg sie gehen wollen. Was ehrbarer ist? Naja vielleicht ist das objektiv. Ich für meinen Teil fand den jüngeren Bruder in diesem Moment jedenfalls in großem Maße bewundernswert…

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Lasst die Filme beginnen!

…Und gestern war es dann also endlich so weit: Die langersehnte Eröffnung des “11. International Festival For Short Film, Animation & Music Video” ging wortwörtlich über die Bühne.

Das Gartenbaukino – wie könnte es auch anders sein – öffnete seine Pforten für jung und alt, Filmmacher und Filminteressierte, um die Eröffnung des Festivals angemessen zu zelebrieren. Tatsächlich war das Publikum, von Erscheinungsbild sowie Altersspanne, bunt gemischt – und spiegelte so wohl auch das Filmfestival selbst wider.

Der Eingang des, heimelig wirkenden, Gartenbaukinos war bei meiner Ankunft bereits so voll, dass die Menge einfach vor dem Kino wartete, was die Stimmung aber keineswegs senkte, sondern meinem Gefühl nach noch hob. Es lag wohl so eine Art Spannung und Vorfreude in der Luft, die man schwer beschreiben kann, davon aber schnell mitgerissen wird.

Erfrischungsgetränke und Süßigkeiten, die man an der kleinen Bar erstehen konnte sorgten dann noch für richtiges Kinofeeling und kurz darauf war man auch schon im insgesamt mit 736 Sitzplätzen ausgestattetem Kinosaal (und ja – er war richtig voll), womit der Eröffnungsrede von Schauspielerin Tatjana Alexander nichts im Wege stand. Danach verloren noch zwei Vorstandsmitglieder des VIS, Benjamin Gruber und Daniel Ebner, ein paar Worte, bis man dann endlich einen Blick auf die, im Genre völlig durchgemischten, ersten Kurzfilme werfen durfte.

Insgesamt wurden im einzigen Einsaalkino der Wiener Innenstadt 9 Kurzfilme gezeigt, die zur Einstimmung auf die kommende Woche dienen sollten – was ihnen meiner Meinung nach ziemlich gut gelungen ist. Nomen wie Freude, Trauer, Melancholie, Ekel etc. treffen wohl die Gefühle, die wahrscheinlich nicht nur ich während der Kurzfilme hatte, und sorgten damit für eine angenehme Abwechslung.

Besonders gefallen hat mir unter anderem der Film “La lampe au beurre de yak” von Hu Wei, der einen Fotografen und seinen Assistenten bei der Arbeit zeigt, die tibetische Nomaden vor verschiedenen Hintergrundmotiven ablichten. Nebenbei erfährt man viele Geschichten der Bewohner des Dorfes, in dem der Film spielt. Das Besondere daran ist, dass der Schauplatz des Films immer nur die Leinwände sind, vor denen fotografiert wird, und am Ende packt einen ein richtig beklemmendes Gefühl, wenn man entdeckt, dass sich keiner vor dem Schönsten Hintergrund überhaupt – der Natur direkt vor ihrer Nase, ablichten lassen wollte und damit zeigen will, dass man sich vielleicht öfter darauf konzentrieren sollte was man hat, anstatt umgekehrt, was man nicht hat.

Zirka zwei Stunden später ging dann das Licht wieder an und die Eröffnung an sich war vorbei. Allerdings war das noch kein Grund nach Hause zu gehen, denn es gab im Anschluss direkt im Gartenbaukino noch eine “Opening Party”, sodass die Eröffnung noch einmal ordentlich gefeiert wurde. Und tatsächlich nahmen einige diese Gelegenheit erfreut in Anspruch, tranken noch ein, zwei Gläschen Sekt, vertieften sich in Gespräche mit den Künstlern selbst oder wippten zu der Stimmung machenden Musik.

Alles in allem war die Eröffnung der Vienna Independent Shorts meiner Meinung nach ein voller Erfolg und in diesem Sinne freue ich mich, genauso wie wahrscheinlich alle anderen Teilnehmer des VIS, bereits auf die kommende Woche und bin gespannt was ich auf der Leinwand wohl noch so alles bestaunen darf und werde.